Zwangsversteigerungen

August 18, 2023 10:34

Erstmals seit drei Jahren steigt die Zahl der zur Zwangsversteigerung aufgerufenen Immobilien wieder. Aufgrund der steigenden Zinsen sowie der höheren Lebenshaltungskosten sind derzeit gerade Wohnimmobilien durch Notverkäufe am häufigsten auf dem Markt.

Oftmals kommt es aufgrund von Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder unterschiedlicher Interessen einer Erbengemeinschaft zu einer Zwangsversteigerung. Doch wie läuft diese eigentlich ab?

Erste Angaben über das Objekt erhalten Interessenten bei der amtlichen Bekanntmachung des Amtsgerichts. Ort und Zeit der Versteigerung, Grundbuchblatt, Größe und Verkehrswert werden durch Zeitungen und auf Internetportalen veröffentlicht. Teilnehmen kann jeder, der das 18. Lebensjahr vollendet und voll geschäftsfähig ist. Anwesende des Verfahrens sind der Schuldner, der Gläubiger sowie die Bieter, welche unterschiedliche Interessen vertreten. So hoffen Schuldner und Gläubiger auf einen hohen Versteigerungserlös, während der Bieter versucht einen möglichst niedrigen Preis zu erzielen.

Während des ersten Teils des Termins werden die Daten des Objektes verlesen. Darunter Angaben zur Sache und zum Grundstück, Gläubiger und seine Ansprüche, der festgesetzte Verkehrswert, das Mindestgebot sowie wenn vorhanden Vorkaufs- und Dauerwohnrechte, Mieter/Pächter und Grundstückslasten. Das Mindestgebot dient dazu, die Verfahrenskosten und die dem Gläubiger vorgehenden Rechte zu decken.

Nach Aufruf der Sache folgt der zweite Teil, die Bietstunde. Diese findet mindestens 30 Minuten statt und die Interessenten haben nun die Möglichkeit mündlich ihr Gebot abzugeben, welches dann von dem Rechtspfleger auf Wirksamkeit überprüft wird. Bei Erstabgabe eines Gebotes muss der Bieter sich mit seinem Personalausweis ausweisen (alternativ eine beglaubigte Bietervollmacht) und eine Sicherheitsleistung nachweisen. Diese beträgt 10 % des zuvor per Gutachten festgestellten Verkehrswert und ist in Form einer Bankbürgschaft oder eines Bankschecks vorzulegen.

Während der Bietstunde sind verschiedene Regelungen zu beachten:

Liegt das Endgebot beim ersten Termin unter 5/10 des Verkehrswerts, dann muss der Rechtspfleger, aufgrund von Schuldnerschutz, den Zuschlag verweigern. Liegt es unter 5/10 und 7/10 des Verkehrswerts, dann kann der Gläubiger den Zuschlag verweigern. Diese Regeln gelten allerdings nicht für den Wiederholungstermin.

Ist das höchste Gebot bestimmt worden, so wird der Bieter mit Erteilung des Zuschlags Eigentümer. Dieses ist dann abzüglich der Sicherheitsleistung mit 4 % per anno zu verzinsen und der Erwerber hat die Gerichtskosten für die Zuschlagserteilung, die Grunderwerbssteuer sowie die Kosten für den Grundbucheintrag zu tragen.

Objekte, die der Schuldner bewohnt, können grundsätzlich problemlos bezogen werden, da er das Gebäude nach Versteigerung verlassen muss. Schwieriger lässt es sich bei vermieteten Immobilien gestalten. Der Erwerber tritt in den bestehenden Mietvertrag ein und kann unter Berücksichtigung der gesetzlichen Kündigungsfristen dem Mieter kündigen. Zusätzlich hat er das Recht auf vorzeitige Kündigung, welches bei Wohnraum Mietverhältnissen nur bei berechtigtem Interesse (Eigenbedarf) gilt. Die Kündigung muss jedoch sofort nach dem Zuschlag zum ersten zulässigen Termin erfolgen. Doch warum scheint eine Zwangsversteigerung für viele eine attraktiv Alternative zum Immobilienkauf und welche Gefahren bringt diese mit sich?

An erster Stelle hoffen die meisten Erwerber bei der Versteigerung ein Schnäppchen zu erzielen. Dies trifft häufig zu, da der Kaufpreis in den meisten Fällen ca. 70 % des Marktwertes beträgt. Allerdings gibt es auch viele weitere Dinge, die beim Kauf einer zwangsversteigerten Immobilie berücksichtigt werden müssen. Zwar fallen die Nebenkosten deutlich geringer aus, da z.B. keine Maklergebühr gezahlt werden muss, allerdings können dafür unerwartete Folgekosten auftreten, die nicht einkalkuliert wurden. In den meisten Fällen ist zudem eine vorherige Besichtigung nicht möglich, d.h. man kauft die Immobilie wie gesehen und hat keinerlei Anspruch auf Mängelhaftung oder Gewährleistung.

Wenn Sie also eine Immobilie bei einer Zwangsversteigerung erwerben möchten, stellen Sie sicher, dass Sie das Objekt vorher besichtigen können, um sich vor hohen anfallenden Kosten zu schützen und legen Sie vorher ein Limit fest, an das sie sich während der Bietstunde halten.